webmutt.pages.dev

Werte bei latenter Schilddrüsenunterfunktion

Darüber hinaus werden noch andere potenzielle Einflussfaktoren beschrieben, deren detaillierte Betrachtung an dieser Stelle jedoch ausbleiben soll.

Abweichungen des TSH-Spiegels im Serum um bis zu vierzig Prozent bei ein und derselben Person indizieren nicht notwendigerweise eine Veränderung der Schilddrüsenaktivität, sondern sind oftmals Ausdruck gewöhnlicher, willkürlicher Schwankungen. Demzufolge sollte eine Abweichung von über vierzig Prozent vom vorigen Messwert erst bei einer Nachkontrolle der TSH-Parameter mit Gewissheit als genuine Funktionsmodifikation der Schilddrüse eingestuft werden.
Zur Gewinnung möglichst aussagekräftiger und konsistenter Messwerte, ungeachtet der diversen Einflussfaktoren auf den TSH-Spiegel, ist es ratsam, die Blutabnahme stets unter identischen Rahmenbedingungen (etwa zu derselben Tageszeit oder bezüglich der Medikamentenapplikation) vorzunehmen. Wird der TSH-Spiegel einmalig mit einem Wert von über vier Millielektrolit pro Liter detektiert, ist zur Absicherung des Befundes eine erneute Bestimmung ratsam.
Eine Einstufung als krankhafter Zustand lässt sich keineswegs lediglich auf Basis von TSH-Werten, die vom Normbereich divergieren, begründen. Vielmehr sollte die Interpretation persönlicher TSH-Parameter stets im Kontext der bereits erläuterten potenziellen Einflussgrößen sowie unter Einbeziehung einer eventuellen Minderung der gesundheitsbezogenen Lebensqualität und des generellen Gesundheitszustands des Betroffenen geschehen.

Autoantikörper-Nachweis:
Die Hashimoto-Thyreoiditis, eine als Autoimmunerkrankung bezeichnete Kondition, stellt die primäre Genese der inapparenten Schilddrüsenunterfunktion dar. Aus diesem Grund wird die Detektion von Autoantikörpern gegen die Schilddrüse oft initiiert, um in dieser Hinsicht Aufschluss zu geben. Dennoch besitzt die Kenntnis um das Vorliegen solcher Autoantikörper aus klinischer Perspektive nur eine geringe Bedeutung:
  • Das Potenzial für die Progression zu einer manifesten Schilddrüsenunterfunktion ist bei Betroffenen mit zirkulierenden Schilddrüsenautoantikörpern geringfügig angehoben. Studien belegen, dass für Antikörper-positive Patientinnen ein relatives Risikoanstieg von 1,7 Prozent p.a. beschrieben wird, wenn man sie mit Antikörper-negativen Patientinnen mit inapparenter Hypothyreose vergleicht. Dennoch sind Labor-Verlaufsuntersuchungen bei einem überhöhten TSH-Wert ohnehin unerlässlich, wobei sich die Zeitabstände der Überwachung an der gegenwärtigen Konzentration des TSH-Spiegels orientieren.
  • Bei Vorliegen einer Hashimoto-Thyreoiditis besteht ein erhöhtes Risiko für das Entstehen weiterer Autoimmunopathien. Diese Krankheit kann beispielsweise mit einem autoimmun verursachten polyglandulären Syndrom (APS) in Verbindung gebracht werden. Ist jedoch lediglich eine autoimmun induzierte Hypothyreose diagnostiziert, ist die Ausbildung einer zusätzlichen endokrinen Autoimmunpathie im Regelfall nicht zu prognostizieren. Auch die Kenntnis eines positiven Antikörperbefundes beschleunigt keineswegs die frühzeitige Erkennung anderer Autoimmunopathien. Die erforderliche Diagnostik in dieser Hinsicht orientiert sich ähnlich wie bei anderen Personen an den jeweils erscheinenden Symptomen oder physischen Anomalien.
  • Es besteht keine begründete Annahme, dass der therapeutische Erfolg sich bei Vorhandensein von Schilddrüsenautoantikörpern von dem bei Antikörper-negativen Patientinnen unterscheidet.
  • Neunzig Prozent der Patientinnen, die an Hashimoto-Thyreoiditis leiden, weisen über Norm liegende Antikörper gegen thyreoidale Peroxidase (TPO-AK) auf; bei siebzig Prozent sind die Werte der Thyreoglobulin-Antikörper (Tg-AK) ebenfalls erhöht. Zur Abklärung einer mutmaßlichen Autoimmunthyreoiditis kann somit eine einmalige Untersuchung der Antikörper vorgenommen werden. Für den Bereich der hausärztlichen Versorgung genügt hierbei in der Regel die Feststellung der TPO-AK; in Fällen spezifischer Anfragen innerhalb des Facharztbereichs kann optional auch eine einmalige Evaluierung der Tg-AK durchgeführt werden.

Ultraschalluntersuchung:
Patientinnen mit einer inapparenten Schilddrüsenunterfunktion benötigen keine Ultraschalluntersuchung der Schilddrüse, vorausgesetzt es sind keine tastbaren Knoten vorhanden. Obwohl die Empfindlichkeit einer echoarmen Schilddrüse für eine Autoimmunthyreoiditis größer ist als jene der TPO-Antikörper und selbst das Ausmaß einer Hashimoto-Thyreoiditis von erfahrenen Spezialisten mittels Ultraschall visualisiert werden kann, spielt dies für die Wahl der Behandlung keinerlei Rolle.

Die Relevanz von Anzeichen für die Diagnose:
Typischerweise geben Patientinnen mit einer inapparenten Schilddrüsenunterfunktion keinerlei Symptome an. Die Behandlungsrichtlinien für die inapparente Hypothyreose basieren gemeinhin auf dem Vorhandensein symptomfreier Verlaufsformen und somit auf Diagnosen, die durch Zufall gestellt werden. Die Anamneseerhebung bei Patientinnen, bei denen eine Schilddrüsenunterfunktion festgestellt wurde, dient in erster Linie der Detektion einer möglichen Entwicklung hin zu einer ausgeprägten Hypothyreose. Für diesen Zustand wird eine Reihe von potenziellen Beschwerden aufgeführt, darunter etwa Erschöpfung, Körpergewichtszunahme, Verstopfung, Haarverlust und Xerodermie. Solche unspezifischen Allgemeinsymptome eignen sich jedoch mangels hinreichender Sensitivität und Spezifität nicht zur Bestätigung einer Hypothyreose-Diagnose oder zur Differenzierung zwischen einer inapparenten und einer manifesten Schilddrüsenunterfunktion. Daher ist eine alleinige Erfragung „charakteristischer“ Symptome im Rahmen der Anamnese bei latenter Hypothyreose keinesfalls zielführend. Sollte die Patientin Beschwerden schildern, die möglicherweise im Zusammenhang mit einer inapparenten Hypothyreose stehen, empfiehlt sich eine umfassendere diagnostische Abklärung.

Behandlung der inapparenten Schilddrüsenunterfunktion:
Die Erforderlichkeit einer Substitutionstherapie bei inapparenter Hypothyreose wird rege debattiert. Eine Behandlungsentscheidung ist stets individuell zu fällen, wobei die Präferenzen der Patientin sowie mögliche unerwünschte Effekte einer sowohl durchgeführten als auch unterlassenen Therapie Berücksichtigung finden müssen. So wird beispielsweise ein um den Faktor eins Komma sechs (1,6) erhöhtes relatives Arrhythmierisiko bei Frauen mit moderat erhöhtem TSH-Spiegel und L-Thyroxin-Behandlung im Vergleich zu jenen ohne L-Thyroxin-Therapie angeführt. Umgekehrt steigern zu geringe TSH-Spiegel, die aus einer Überdosierung resultieren, das relative Frakturrisiko (relatives Risiko 1,9 bis 2,0). Gemäß empirischen Studien ist der Anteil an Patientinnen mit inapparenter Hypothyreose, deren TSH-Spiegel aufgrund der Therapie unter den Referenzbereich absinkt, mit circa zwanzig Prozent äußerst relevant. Manche Patientinnen erleben infolge niedrig dosierter L-Thyroxin-Applikationen eine Steigerung ihres Wohlbefindens, eine erhöhte Leistungskraft sowie eine Aufhellung der Stimmung; eine hinreichende wissenschaftliche Belegbarkeit für eine substitutionsinduzierte Besserung psychischer Beschwerden existiert jedoch bislang nicht.

Behandlungsrichtlinien bei TSH-Werten oberhalb von zehn mU/L:
Mehrere Studien weisen darauf hin, dass die inapparente Hypothyreose einen eigenständigen Risikofaktor für das Entstehen und die Progredienz von Herzinsuffizienz sowie koronarer Herzkrankheit darstellt. Ein eindeutiger Zusammenhang ließ sich jedoch ausschließlich bei Patientinnen im Alter von siebzig Jahren oder jünger, die an inapparenter Hypothyreose litten und einen TSH-Wert von über zehn mU/L aufwiesen, nachweisen, weshalb eine Behandlungsindikation lediglich für diese Kohorte gegeben werden kann. Wird für die Gruppe der Patienten unter oder gleich siebzig Jahre mit latenter Hypothyreose und einem TSH-Wert von über zehn mU/L eine Substitutionstherapie initiiert, sind anfänglich niedrige L-Thyroxindosen von fünfundzwanzig bis fünfzig Mikrogramm pro Tag präferierbar.
Für Patientinnen mit inapparenter Hypothyreose, die das siebzigste Lebensjahr überschritten haben, besteht eine Behandlungsindikation ausschließlich bei signifikantem vaskulärem Risiko oder bei begleitenden, eventuell mit der Schilddrüsenunterfunktion in Verbindung stehenden Anzeichen. Bei älteren Patientinnen, speziell bei Personen im sehr hohen Alter (fünfzigundachtzig Jahre und darüber), die eine latente Hypothyreose aufweisen, wird eine Überdosierung mittels L-Thyroxin für wahrscheinlich gehalten. Angesichts der zunehmenden Multimorbidität und des vermehrten Polyarzneimittelkonsums ist es besonders bei älteren und hochbetagten Patientinnen unabdingbar, stets sorgfältig zu evaluieren, inwieweit eine L-Thyroxinbehandlung der Patientin einen tatsächlichen Vorteil verschafft.

Empfehlungen zur Therapie bei TSH-Werten von maximal zehn mU/L:
Für Patientinnen mit TSH-Spiegeln von zehn Millielektrolit pro Liter oder darunter kann keine allgemeingültige Behandlungsrichtlinie formuliert werden, da ein positiver Effekt der L-Thyroxin-Substitution für die Betroffene nicht nachgewiesen wurde. Es existieren keine Belege dafür, dass bei adipösen Patientinnen mit inapparenter Hypothyreose und einem TSH-Wert von weniger als zehn mU/L eine Reduktion des Körpergewichts durch L-Thyroxin-Behandlung bewirkt werden kann. Ebenso wenig konnte die Erwartungshaltung bestätigt werden, dass eine Thyroxin-Substitution eine Optimierung der kognitiven Leistungsfähigkeit herbeiführen kann.

Priorität bei der Entscheidungsfindung bezüglich einer Therapie bei Patientinnen mit inapparenter Hypothyreose und einem TSH-Wert von maximal zehn mU/L sollte einer umfassenden Belehrung der Betroffenen zukommen. Diskutiert werden müsste, dass:
  • es ungeklärt ist, ob auftretende Symptome tatsächlich durch eine Fehlfunktion der Schilddrüse bedingt sind.
  • zwar eine Linderung der Beschwerden im Zuge einer Therapie eintreten könnte, dies aber nicht gesichert ist.
  • selbst bei einer gefühlten Besserung der Symptomatik nur schwer zu beurteilen ist, ob dies auf eine reelle Arzneimittelwirkung oder einen Placeboeffekt zurückzuführen ist.
  • unabhängig von einer Behandlung fortlaufende laborchemische Kontrollen notwendig sind.
  • eine mögliche Überbehandlung ebenfalls Risiken in sich birgt.
Sollte die Patientin der Aufnahme einer Substitutionstherapie zustimmen, kann diese initial für einige Monate probeweise begonnen werden. Ausschließlich bei einer signifikanten Verbesserung der Symptomatik ist eine Fortsetzung der Behandlung legitimiert; tritt diese nicht ein, fehlt jede gesicherte Basis, welche eine fortgesetzte Verschreibung von L-Thyroxin rechtfertigen würde.

Behandlungsvorschläge bei inapparenter Hypothyreose und positivem TPO-Antikörpernachweis:
Aufgrund des leicht gesteigerten Risikos der Progression zu einer manifesten Schilddrüsenunterfunktion bei Patientinnen mit positivem Autoantikörper-Befund raten internistische Fachgesellschaften bei inapparenter Hypothyreose mit bestätigter Hashimoto-Thyreoiditis stets zu einer Hormonersatztherapie. Das Risiko des Fortschreitens zu einer manifesten Hypothyreose hängt jedoch primär von der Höhe des TSH-Spiegels ab und weniger von einem positiven Autoantikörper-Nachweis. Es wird angenommen, dass zwischen fünf und fünfzehn Patientinnen behandelt werden sollten, um eine potenzielle Manifestation zu inhibieren. Zusammenfassend lassen die vorhandenen Studiendaten vermuten, dass für die Kohorte der Patientinnen mit TSH-Werten über sechs mU/L und positivem TPO-Antikörperbefund eine dauerhafte Behandlung mit dem Ziel, die Progression zu einer manifesten Schilddrüsenunterfunktion abzuwenden, plausibel erscheint.

Überwachungszeiträume während der Hormonbehandlung:
Nach dem Start einer L-Thyroxin-Behandlung ist eine Überprüfung der Schilddrüsenhormone frühestens nach acht Wochen sinnvoll, da der TSH-Spiegel eine Periode von acht bis zwölf Wochen benötigt, um sich nach einer Modifikation der L-Thyroxindosis auf einem stabilen Niveau zu etablieren.
Für den Fachbereich der Endokrinologie existieren präzise Vorgaben für die nachfolgenden Überwachungsintervalle bei inapparenter Hypothyreose. Wird auf eine therapeutische Maßnahme verzichtet, werden in den initialen zwei Jahren nach Diagnosetermin halbährliche TSH-Kontrollen nahegelegt; bei beständigen Werten sind daraufhin jährliche Kontrollen ratsam. Im hausärztlichen Setting erweisen sich Intervalle von sechs bis zwölf Monaten als hinreichend, um temporäre Gründe (wie beispielsweise akute Leiden oder Pharmaka) für einen erhöhten TSH-Spiegel zu eliminieren. Nach der Konsolidierung eines regulären TSH-Wertes unter L-Thyroxin-Gaben von weniger als hunderfünfundzwanzig Mikrogramm pro Tag und in Anbetracht, dass bis zu zwanzig Prozent der Patienten mit inapparenter Hypothyreose eine iatrogen bedingte TSH-Unterdrückung aufweisen, erscheinen gegenwärtig jährliche TSH-Überprüfungen als zweckmäßig.

  • mit