Rechtsanwaltskosten im Kontext von Kindesunterhalt: Steuerliche Absetzbarkeit
Die steuerliche Geltendmachung von Kosten eines gerichtlichen Unterhaltsverfahrens
von Alexandra Güller
Der Gedanke liegt nahe: Wer nach einer Trennung oder Scheidung gezwungen ist, seinen Unterhalt einzuklagen, sollte bezüglich der juristischen Aufwendungen für eventuelle Gerichtsverfahren im Unterhaltsrecht eine steuerliche Entlastung erfahren. Folglich sprechen viele Argumente dafür, dass die Ausgaben für ein gerichtliches Unterhaltsverfahren steuerlich abzugsfähig sein sollten. Hier präsentieren wir unseren umfassenden Überblick zur Düsseldorfer Tabelle.
Die finale Entscheidung des Bundesfinanzhofs steht noch aus
Eine endgültige Klärung durch den Bundesfinanzhof (BFH) hinsichtlich der steuerlichen Absetzbarkeit von Rechtsanwaltskosten im Unterhaltsrecht steht noch aus. Dennoch weckt eine neuere Entscheidung des Finanzgerichts Münster berechtigte Hoffnungen für Unterhaltsberechtigte, die angefallenen Kosten für ein Unterhaltsverfahren steuerlich geltend machen zu können.
Nach der Ansicht des zuständigen Finanzgerichts können diese Aufwendungen unter bestimmten Umständen den sogenannten Werbungskosten im Sinne des § 9 Absatz 1 Einkommensteuergesetz (EStG) zugeordnet werden. Werbungskosten dienen dazu, das steuerlich relevante Einkommen zu reduzieren und somit die Steuerlast zu senken.
Im vorliegenden Beitrag werden wir die Entscheidung des Finanzgerichts Münster (Urteil vom 3. Dezember 2019, Aktenzeichen 1 K 494/18 E, FamRZ 2020, Seiten 717-720) detailliert untersuchen und Ihnen aufzeigen, wie und unter welchen Konditionen Sie die entstehenden Kosten steuerlich geltend machen können.
Das Ziel des Ehegattenunterhaltsanspruchs
Um ein bestmögliches Verständnis zu gewährleisten, beleuchten wir zunächst die Intention hinter dem Anspruch auf Ehegattenunterhalt. Laut Gesetzgeber soll dieser dazu dienen, auch nach einer Trennung oder Scheidung den Bedarf des Unterhaltsberechtigten, der sich an den ehelichen Lebensverhältnissen orientiert, zu decken. Sofern ein Ehegatte aufgrund seiner eigenen finanziellen Verhältnisse nicht in der Lage ist, diesen Bedarf zu decken, hat er bei Erfüllung weiterer Voraussetzungen Anspruch auf Unterhalt von dem anderen Ehegatten.
Die Kostentragung bei der Anspruchsdurchsetzung erschwert die Zielerreichung
In der Praxis kommt es zwischen den Ehepartnern jedoch häufig zu Differenzen bezüglich der Erfüllung dieser Anspruchsvoraussetzungen sowie hinsichtlich der exakten Höhe des Unterhaltsanspruchs. Aus diesem Grund ist der Unterhaltsberechtigte oft gezwungen, seinen Anspruch mittels eines Rechtsanwalts im Rahmen eines Gerichtsverfahrens gegen den unterhaltspflichtigen Ehegatten durchzusetzen. Dies traf bis vor Kurzem auch auf die Bemessung des Unterhalts bei einem überdurchschnittlich hohen Einkommen des Unterhaltspflichtigen zu.
Das Anwaltshonorar und die Gerichtsauslagen können eine erhebliche finanzielle Belastung darstellen, für deren Deckung der Unterhaltsberechtigte aus seinem eigenen Einkommen bzw. aus den erhaltenen Unterhaltszahlungen aufkommen muss. Diese Verfahrenskosten schmälern naturgemäß das verfügbare Einkommen bzw. die Unterhaltszahlungen, die für den alltäglichen Lebensbedarf vorgesehen sind.
Vor diesem Hintergrund ist es unabdingbar, eine Strategie zu entwickeln, um die finanzielle Belastung durch Verfahrenskosten so gering wie möglich zu halten.
Scheidungskosten sind im Regelfall keine außergewöhnlichen Belastungen
Gemäß einer abschließenden und damit bindenden Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) ist die Absetzbarkeit von Kosten eines Scheidungsverfahrens als außergewöhnliche Belastung nicht möglich. Prozesskosten können demnach nur dann steuerlich geltend gemacht werden, wenn die Prozessführung zur Sicherung der eigenen Lebensgrundlage unerlässlich war - nähere Informationen dazu finden Sie hier: https://www.familienrecht-andrae.de/artikel/kann-ich-meine-scheidungskosten-steuerlich-absetzen. (BFH, Urteil vom 18. Mai 2017, Aktenzeichen VI R 9/16).
Darüber hinaus hat der BFH bereits zuvor grundsätzlich entschieden, dass auch die Kosten für die Folgen einer Scheidung, die nicht in einem zwingenden Zusammenhang mit dem Scheidungsverfahren stehen, keine außergewöhnlichen Belastungen im Sinne der geltenden Bestimmungen darstellen (BFH, Urteil vom 21. Februar 1992, Aktenzeichen III R 88/90). Dies schließt auch die Kosten für ein nacheheliches Unterhaltsverfahren mit ein. Nach Ansicht des BFH steht es den Eheleuten frei, sich außergerichtlich gütlich zu einigen und somit die Kosten für ein Unterhaltsverfahren zu vermeiden. Aus diesem Grund sei ein wesentliches Merkmal einer außergewöhnlichen Belastung nicht erfüllt. Aktuelle Informationen zu den Unterhaltsbeiträgen gemäß der Düsseldorfer Tabelle finden Sie hier.
Potenzielle Berücksichtigung als Werbungskosten
Die aktuelle Entscheidung des Finanzgerichts Münster aus dem Dezember 2019 eröffnet jedoch die Möglichkeit, dass die Kosten eines Unterhaltsverfahrens dennoch zugunsten des Unterhaltsberechtigten einkommensmindernd anerkannt werden könnten - (FG Münster, Urteil vom 3. Dezember 2019, Aktenzeichen 1 K 494/18 E) - allerdings unter einer anderen steuerrechtlichen Perspektive.
Wie das Finanzgericht in seiner Urteilsbegründung darlegt, muss eine einkommensteuerrechtliche Anerkennung der Kosten des Unterhaltsverfahrens als Werbungskosten gemäß § 9 Absatz 1 EStG zulässig sein - und zwar für den Fall, dass sich die geschiedenen Eheleute auf die Anwendung des sogenannten „begrenzten Realsplittings' geeinigt haben.
Voraussetzung ist die Anwendung des begrenzten Realsplittings
Im Rahmen des begrenzten Realsplittings einigen sich die Ehepartner durch eine gemeinsame Erklärung gegenüber dem zuständigen Finanzamt darauf, die während des Veranlagungszeitraums geleisteten Unterhaltszahlungen aufseiten des Unterhaltsschuldners steuerlich als Sonderausgaben zu deklarieren. Dies wirkt sich primär auf die Steuerlast des Unterhaltspflichtigen aus: Bei Anwendung des begrenzten Realsplittings wird nicht das gesamte erzielte Einkommen als Bemessungsgrundlage für die Festsetzung der Einkommensteuer herangezogen. Vielmehr gilt nach den Bestimmungen des § 10 Absatz 1a EStG das Einkommen abzüglich der erbrachten Unterhaltsleistungen als maßgebliche Größe für die Berechnung der Einkommensteuer.
Im Gegenzug werden die Unterhaltsleistungen gemäß § 22 Absatz 1a EStG auf Seiten des Unterhaltsberechtigten als grundsätzlich zu versteuernde „sonstige Einkünfte' ausgewiesen.
Die Besteuerung von Unterhaltsleistungen ermöglicht auch die Absetzung von Verfahrenskosten
Die Argumentation des Finanzgerichts Münster knüpft exakt an dieses dargestellte Wechselspiel bei der Behandlung von Unterhaltsleistungen an. In der besagten Entscheidung vertritt das Gericht konsequenterweise die juristische Auffassung, dass die Umwandlung ursprünglich steuerfreier Unterhaltsleistungen in steuerpflichtige „sonstige Einkünfte' des Unterhaltsberechtigten nicht allein zu einer Besteuerung zu dessen Nachteil führen kann. Vielmehr müssen demnach auch - wie bei jeder anderen Einkommensart - die für die Erzielung dieser Einnahmen angefallenen Kosten als Werbungskosten gemäß § 9 Absatz 1 EStG geltend gemacht werden können. Insofern erscheint lediglich eine umfassende Gleichbehandlung mit den steuerpflichtigen Einkünften aus anderen Einkommensquellen als eine gerechte und faire Lösung. Rein objektiv betrachtet gibt es keinerlei rechtliche oder faktische Gründe, die eine abweichende Handhabung der Einkünfte aus Unterhaltsleistungen rechtfertigen würden.
Weitere relevante Aspekte wie der wirtschaftliche Zusammenhang und die Anwendbarkeit auf diverse Verfahrensarten sind gegeben
Des Weiteren ist es allgemein anerkannt, dass Kosten, die im Rahmen einer Rechtsverfolgung entstehen - wie beispielsweise Beratungs-, Vertretungs- oder Prozesskosten - als Werbungskosten betrachtet werden. Die einzige Voraussetzung hierfür ist ein steuerrechtlich anerkannter wirtschaftlicher Zusammenhang mit der Einkunftsart (vgl. BFH, Beschluss vom 20. Oktober 2016 - VI R 27/15 -, BStBl. 2018 II, Seite 441), in diesem speziellen Fall die Unterhaltsleistungen. Folglich stellen damit im Zusammenhang stehende Verfahrenskosten ebenfalls Werbungskosten dar.
Das Finanzgericht führt zudem aus, dass diese Einschätzung sowohl für Unterhaltsverfahren, die im Zusammenhang mit einem Scheidungsverfahren stehen, als auch für isolierte gerichtliche Unterhaltsverfahren Geltung hat. Hierfür ist neben einem gerichtlichen Beschluss auch ein zwischen den Parteien gerichtlich geschlossener Unterhaltsvergleich ausreichend. Entscheidend für die steuerliche Absetzbarkeit ist lediglich, dass die rechtlich verbindlich festgelegten Unterhaltszahlungen aufgrund des begrenzten Realsplittings auf Seiten des Unterhaltsberechtigten als Einkommen behandelt werden.
Fazit
Obwohl der Bundesfinanzhof noch kein abschließendes Urteil gefällt hat und somit noch keine rechtskräftige Entscheidung vorliegt, erscheint die juristische Auffassung des Finanzgerichts Münster zur Absetzbarkeit von Rechtskosten aus Unterhaltsverfahren als Werbungskosten schlüssig. Dementsprechend ist auch mit einer inhaltlichen Bestätigung des Urteils durch den Bundesfinanzhof zu rechnen.
Wie bereits dargelegt, ist hierfür jedoch eine Einigung der Ehegatten auf die Durchführung eines begrenzten Realsplittings erforderlich. Da in diesem Fall der Unterhaltsempfänger die Unterhaltsleistungen als „sonstige Einkünfte' versteuern muss, sollte ihm auch das Recht zustehen, die Kosten für ein Unterhaltsverfahren als Werbungskosten abzuziehen.
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Weitere Informationen zur Düsseldorfer Tabelle und den damit verbundenen Unterhaltsbeiträgen erhalten Sie hier. Gerne informieren wir Sie in einem separaten Artikel über Mehr- und Sonderbedarf im Zusammenhang mit Kindesunterhalt. Auch bei Fragen zu diesen und vielen weiteren Themen im Bereich des Familienrechts stehen wir Ihnen jederzeit gerne zur Verfügung.
Häufig gestellte Fragen zur steuerlichen Absetzbarkeit von Kosten für Unterhaltsverfahren
Sind die Kosten eines Unterhaltsverfahrens steuerlich abzugsfähig?
Grundsätzlich besteht keine Möglichkeit, die Kosten eines Unterhaltsverfahrens steuerlich geltend zu machen. Dies liegt daran, dass die Unterhaltsleistungen für den Empfänger in der Regel nicht steuerpflichtig sind. Zudem werden die Kosten generell nicht als außergewöhnliche Belastungen von den Finanzämtern anerkannt.
Nur in dem Fall, dass die erhaltenen Unterhaltszahlungen steuerrechtlich als Einkommen eingestuft werden, ist eine Berücksichtigung der zur Erzielung dieser Einnahmen aufgewendeten Kosten als Werbungskosten möglich. Eine abschließende Klärung durch den BFH steht hierzu jedoch momentan noch aus.
Unter welchen Umständen müssen Unterhaltszahlungen vom Unterhaltsberechtigten versteuert werden?
Ohne eine spezielle Vereinbarung zwischen den Ehepartnern sind Unterhaltszahlungen üblicherweise nicht der Einkommensteuer unterworfen. Die Unterhaltsleistungen müssen vom Empfänger jedoch dann als Einkommen versteuert werden, wenn sich die Ehegatten auf die Durchführung des sogenannten (begrenzten) Realsplittings einigen.
Welche Konsequenzen hat die Anwendung des begrenzten Realsplittings?
Die Anwendung des begrenzten Realsplittings führt dazu, dass die Unterhaltsleistungen auf der Seite des Unterhaltspflichtigen bis zu einer Höchstgrenze von 13.805 Euro pro Jahr als Sonderausgaben steuerlich geltend gemacht werden können. Dies reduziert sein zu versteuerndes Einkommen und demzufolge die steuerliche Belastung.
Auf der anderen Seite sind die erhaltenen Unterhaltsleistungen vom Unterhaltsberechtigten als Einkommen anzugeben und zu versteuern. Grundsätzlich ist der Unterhaltsberechtigte verpflichtet, der Anwendung zuzustimmen. Ihm steht jedoch im Gegenzug ein Anspruch gegen den Unterhaltspflichtigen zu, der auf einen Ausgleich der daraus entstehenden Nachteile abzielt.
Warum ist die steuerliche Berücksichtigung von Unterhaltsverfahrenskosten bei Anwendung des Realsplittings interessengerecht?
Das begrenzte Realsplitting hat zur Folge, dass der Unterhaltsberechtigte die empfangenen Unterhaltsleistungen steuerrechtlich als Einkommen behandeln lassen muss. Bei jeder anderen Einkommensart besteht grundsätzlich die Möglichkeit, alle für die Erzielung des Einkommens aufgewendeten Kosten (Werbungskosten) im Rahmen der Einkommensteuererklärung geltend zu machen und einkommensmindernd anzusetzen. Folglich muss auch für steuerpflichtige Unterhaltsleistungen eine entsprechende Abzugsmöglichkeit bestehen.
Was genau versteht man unter Werbungskosten?
Gemäß § 9 Absatz 1 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) umfassen Werbungskosten alle Aufwendungen, die zur Erzielung, Sicherung oder Erhaltung von Einnahmen entstehen. Steuerrechtlich ist das erzielte Einkommen vor der Festsetzung der Einkommensteuer um diese Ausgaben zu bereinigen.
Wie erfolgt die Beantragung des begrenzten Realsplittings beim Finanzamt?
Hierfür ist zunächst ein entsprechender Antrag des Unterhaltspflichtigen bei dem zuständigen Finanzamt erforderlich. Zusätzlich muss auch der Unterhaltsberechtigte seine Zustimmung zu diesem Verfahren erklären. Die Erklärung kann formlos abgegeben werden. Das Finanzamt stellt jedoch zur Erleichterung ein spezielles Formular (Anlage U) zur Verfügung. Die Zustimmung kann für bestimmte Veranlagungszeiträume begrenzt oder auch fortlaufend erteilt werden.
Wo kann ich mich umfassend über alle Aspekte der Düsseldorfer Tabelle informieren?
Als spezialisierte Fachanwälte für Familienrecht fungieren wir ebenfalls als Ihre verlässlichen Berater in allen Belangen der Düsseldorfer Tabelle. Selbstverständlich beraten wir Sie hierzu auch gerne persönlich, individuell und eingehend - wir freuen uns auf Ihren Anruf!
Autor dieses Fachartikels
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