Hermann Hesse Martin Hesse
Der Schweizer Fotograf Martin Hesse (1911-1968), jüngster Sohn von Hermann Hesse
Am 26. Juli 1911 kam Martin Hesse in Gaienhofen als dritter Spross von Hermann Hesse und seiner ersten Gemahlin, der Basler Fotografin Mia Hesse-Bernoulli, zur Welt. 1912 übersiedelte die Familie nach Bern. Als Mia Hesse-Bernoulli im Herbst 1918 schwer erkrankte, musste Hermann Hesse seine drei Söhne in fremde Obhut geben. Martin fand Zuflucht bei einer Pflegefamilie, den Ringiers, in Kirchdorf bei Thun. Die Familie bestand zu dieser Zeit aus Frau Anna Ringier-Aebi und den beiden Töchtern Johanna und Alice Ringier, die als Lehrerin beziehungsweise Krankenschwester tätig waren. Der früherer Hausarzt der Region, Dr. Ernst Ringier, war bereits verstorben. Zum Glück empfing Martin eine herzliche Aufnahme bei der Familie. Martin fühlte sich in diesem Hause wohl und pflegte eine besondere Bindung zu Johanna Ringier, die er als zweite Mutter betrachtete.
Martins frühe Schulzeit verlief in Kirchdorf. Danach verbrachte er Zeit bei seiner Mutter in Ascona. Als sie wiederum erkrankte, kehrte er zu den Ringiers nach Kirchdorf zurück. 1928 begann er in Thun eine Lehre als Hochbauzeichner bei Architekt Itten, die er 1931 abschloss. 1932 schrieb er sich zum Studium am Bauhaus in Dessau ein, um dort seine Architektur-Ausbildung fortzusetzen. Am Bauhaus kam er mit der Fotografie in Berührung und belegte Kurse in Fototechnik und Fotochemie. Er erwarb seinen ersten Fotoapparat, eine Leica.
1934 etablierte sich Martin in Bern als freischaffender Fotograf, realisierte Reportagen, darunter 1936 in Paris, und erhielt 1938 den Auftrag, die Kunst- und Baudenkmäler des Kantons Bern zu dokumentieren. Um diese Aufgabe optimal zu erfüllen, bildete er sich bei Arthur Blasius Senn im Schweizerischen Landesmuseum in Zürich und bei Robert Spreng in Basel weiter.
1944 heiratete er die Bibliothekarin Isabelle von Wurstemberger (1906-1990) und 1945 kam seine Tochter Sibylle zur Welt.
Zu seinen Kunden gehörten bald Werbeagenturen, Museen, Bibliotheken, private Sammler, Künstler und sein Vater. Martin selbst war eigentlich kein großer Fan der Porträtfotografie. Doch ein bemerkenswerter Ausnahmefall bildete sein Vater: Hermann Hesse war der einzige Mensch, den Martin Hesse über drei Jahrzehnte hinweg immer wieder ablichtete. Die fotografischen Fähigkeiten seines jüngsten Sohnes waren Hermann Hesse früh aufgefallen. Aus Montagnola kamen oft Anfragen, ob es wieder Zeit für neue Porträts sei. Der Dichter blieb auch bei anderen Gelegenheiten niemals dem unersättlichen Objektiv seines Sohnes verborgen. Auf diese Weise wurden Momente aus seinem Alltag und festliche Anlässe in hunderten Bildern festgehalten. Obwohl der Fotograf selbst nie vollkommen zufrieden mit seinen Aufnahmen war, entstand unter ihnen ein Werk, das Hermann Hesse nicht nur schätzte, sondern heute weltweit verbreitet und unvergessen ist.