Charakteristika depressiv erkrankter Personen
Klinisches Bild respektive Manifestationen einer Depression
Ein Großteil der von Depression betroffenen Personen vermag ihre initialen Symptome oft nicht zuzuordnen, da ihnen die Natur der psychischen Störung unklar ist. In der Anlaufphase einer depressiven Episode suchen diese Personen häufig einen Mediziner auf, und zwar aufgrund unspezifischer Beschwerden wie beispielsweise Erschöpfung, Beeinträchtigungen der Konzentration oder gedrückter Stimmung. Manche der Leidtragenden beschreiben ihren Seelenzustand typischerweise als tiefe Mutlosigkeit, gänzliche Hoffnungslosigkeit und Apathie (emotionale Teilnahmslosigkeit). Wiederum andere Erkrankte empfinden sich während depressiver Phasen als niedergeschlagen, innerlich ausgehöhlt oder sogar völlig empfindungslos. Sie sind oft außerstande, auf freudige oder auch bedrückende Begebenheiten in einer gewohnten, adäquaten Weise zu reagieren. Die Erkrankten büßen ihren inneren Antrieb ein, verlieren das Interesse und die Freude am Dasein und leiden überdies unter permanenter Müdigkeit. Ihr alltägliches Leben wird von einem ausgeprägten Mangel an Energie und Lustlosigkeit bestimmt. Ein charakteristisches Merkmal ist, dass die Leidenden sich zu sämtlichen Handlungen förmlich zwingen müssen. Dies betrifft anfänglich vorrangig aufwändigere und unliebsame Aufgaben, erstreckt sich später jedoch auch auf leichtere und als angenehm empfundene Tätigkeiten. Wichtige Ziele werden nicht länger verfolgt, und es erfolgt eine zunehmende Vernachlässigung familiärer Beziehungen, beruflicher Pflichten und sogar grundlegender, alltäglicher Verrichtungen wie der Nahrungsaufnahme oder der persönlichen Hygiene.
Die Kardinalsymptome einer Depression werden gemäß der Internationalen Klassifikation der Krankheiten (ICD-10) betrachtet als:
- Eine anhaltend gedrückte Gemütslage (welche sich von gewöhnlicher Trauer unterscheidet!);
- Verlust des Interesses und Anhedonie (Unfähigkeit Freude zu empfinden);
- Ein reduzierter Antrieb sowie eine gesteigerte Erschöpfbarkeit.
Regelmäßig auftretende Begleitsymptome sind, basierend auf der Internationalen Klassifikation der Krankheiten (ICD-10):
- Beeinträchtigungen der Konzentrationsfähigkeit, der Aufmerksamkeitsspanne und des kognitiven Vermögens;
- Ein reduziertes Selbstwertgefühl sowie ein geschwächtes Selbstvertrauen;
- Starke Empfindungen von Schuld und ein Gefühl der Wertlosigkeit;
- Negative und pessimistische Zukunftsperspektiven;
- Gedanken an Selbsttötung oder entsprechende Handlungsweisen;
- Erhebliche Schlafstörungen;
- Eine deutliche Appetitminderung.
Bei Personen mit einer Depression müssen mindestens zwei Symptome aus den zuvor genannten Gruppen vorhanden sein, um die Diagnose zu stellen. Die Intensität der Symptome variiert typischerweise im Tagesverlauf. Ferner können sich ein Erwachen in den frühen Morgenstunden, ein ausgeprägtes morgendliches Stimmungstief sowie ein erheblich reduziertes sexuelles Verlangen (bekannt als Libidoverlust) manifestieren. Oftmals lässt sich zudem ein Gewichtsverlust feststellen, welcher häufig infolge der Appetitminderung auftritt.
Zwischen 70 und 80 Prozent der von Depression betroffenen Personen zeigen zudem Angstsymptome, welche mitunter bis zu einer behandlungsbedürftigen Angststörung eskalieren können. Rund 15 Prozent der depressiv Erkrankten entwickeln zudem psychotische Merkmale, beispielsweise Wahnideen, eine Form, die als psychotische oder "wahnhafte" Depression klassifiziert wird.
Eine Reduktion des Antriebs kann sich ebenso in der äußeren Erscheinung manifestieren, indem eine merkliche Verlangsamung von Reaktionen, Bewegungsabläufen und der Sprechweise erkennbar wird. Dabei wirken Mimik und Gestik oft erstarrt. In besonders schweren Fällen ist es den Betroffenen lediglich unter erheblicher Anstrengung möglich, zu sprechen oder sich zu bewegen. Ebenso sind kognitive Prozesse und das Auffassungsvermögen gehemmt. Schöpferische Fähigkeiten, die Konzentrationsfähigkeit und das Gedächtnis lassen merklich nach, im Extremfall sogar so weit, dass irrtümlicherweise eine Demenz vermutet wird.
Physische Symptome, wie beispielsweise Schmerzempfindungen, Druckgefühle auf der Brust oder Atembeschwerden, können sich im Kontext einer Depression manifestieren. Es ist nicht ungewöhnlich, dass diese in manchen Fällen sogar im Vordergrund der Symptomatik stehen.
Prinzipiell können hormonelle Umstellungsphasen, besonders bei Frauen, wie beispielsweise nach der Entbindung oder während der Menopause, mit depressiven Beeinträchtigungen einhergehen.